Ungesichert in 1500 Meter Höhe
Bernhard Witz ist einer der besten Highliner der Welt. Er knackte bereits mehrfach Höhenrekorde und war der Erste, der ungesichert auf einer Highline in über 1000 Meter Höhe lief. Wir haben Euch den mymuesli-Fan bereits hier im Blog vorgestellt, heute erzählt er uns, wie er sich im Winter fit hält, was ihn antreibt und welche Gefühle er in luftigen Höhen empfindet.
Im Video „I believe I can fly” sieht man Dich ab Minute 2:40 bei einem „Free Solo”. Ist das das Aufregendste, was Du je gemacht hast?
Bernhard Witz: Das aufregendste Slackline-Erlebnis für mich war bisher über der Eiger Nordwand. Mit der Erstbegehung der Highline am freistehenden „Pilz”-Felsturm ist für mich damals ein Traum in Erfüllung gegangen. Es war das erste Mal, dass ich Free Solo, also ohne Sicherung, über eine Highline gelaufen bin. Mit über 1000 Meter Fallhöhe ist es immer noch die bisher höchste Free Solo-Highline. im Jahr 2009 bin ich für diese Highline elf Mal über die Westflanke zum „Pilz” hochgestiegen. Mit der Zeit kannte ich den Weg so gut, dass ich selbst bei Nacht und Regen noch durch das Felslabyrinth zurück ins Biwak fand.
Du hast ja auch schon einige Rekorde aufgestellt und bist zum Beispiel als Erster auf 1000 Meter ohne Sicherung über der Highline gelaufen. Wie fühlt sich das an? Was denkst Du in diesen Momenten?
Wenn ich ungesichert über eine 1000 Meter hohe Highline laufe, bin ich völlig auf den Moment konzentriert. Da zählt nur der nächste Schritt und alle anderen Gedanken und Einflüsse rücken in den Hintergrund. Meine Sinne sind dann hellwach und ich nehme jede kleinste Bewegung meines Körpers wahr. Diesen Zustand enormer Körperkontrolle und mentaler Fokussiertheit erreiche ich sonst kaum. Es fühlt sich an, als würde ich zwischen Himmel und Erde schweben.
Und was treibt Dich zu diesen ja doch gefährlichen Aktionen an? Bist Du ein Adrenalin-Junkie?
Nein, ich sehe mich nicht als Adrenalin-Junkie. Mich reizt es, an meine physischen und psychischen Grenzen zu stossen und etwas zu tun, dass sonst noch niemand gemacht hat. Durch gute Vorbereitung grenze ich dabei das Risiko ein. Es hat nichts mit „Kick” oder „Fun” zu tun. Vielmehr fasziniert mich dabei das Flow-Erlebnis. Damit wird in der Psychologie ein Gefühl bezeichnet, bei dem man voll und ganz in einer anspruchsvollen Tätigkeit versinkt und dabei einen besonderen Zustand völliger Konzentration und gleichzeitiger Entspanntheit erreicht.
Auch wenn Du das Risiko durch Deine Vorbereitung verringern kannst: Hast Du nie Angst, wenn Du ungesichert hunderte Meter auf einer dünnen Leine stehst?
Angst ist in diesem Moment der falsche Begleiter. Jede Unsicherheit kann in einer solchen anspruchsvollen Situation dazu führen, dass man Fehler macht. Auch Emotionen sind fehl am Platz, bis man wieder festen Boden unter den Füssen hat.
Und wie hält sich ein Highliner im Winter fit? Spannst Du Deine Highline über die verschneiten Schweizer Gipfel?
Gestern haben wir ein paar Meter über der Aare in Bern eine 60 Meter lange Trainlings-Slackline gespannt. In den Bergen sind wir im Winter nur selten zum Highlinen. Dafür halte ich mich mit Eisklettern fit. Dabei habe ich immer einen Becher mymuesli2go dabei, der mir zusätzlich Power gibt.