Knallende Korken und Champagner? Wie die ersten Stunden von mymuesli wirklich waren

Knallende Korken und Champagner? Wie die ersten Stunden von mymuesli wirklich waren

In unserem letzten All Hands Meeting haben wir zusammen nach Geschichten gesucht. Geschichten, die uns mit mymuesli verbinden. An eine dieser Geschichten möchten wir Euch zum morgigen mymuesli-Geburtstag  teilhaben lassen…

In unserem letzten All Hands Meeting haben wir zusammen nach Geschichten gesucht: Geschichten, die uns mit mymuesli verbinden. Geschichten, die wir selbst im Team bei mymuesli erlebt haben. Das war sehr spannend – und zum Teil auch sehr bewegend, denn bei mehreren hundert Mitarbeiter*innen kommen viele Erlebnisse zusammen. Eine Geschichte, die wir uns im Team gern erzählen lassen, wollen wir heute mit Euch teilen. Sie passt einfach zu gut zum morgigen 14. mymuesli-Geburtstag. Es ist der Tag, an dem mymuesli.com online ging.

Man selbst stellt sich so einen offiziellen Gründungsmoment ja irgendwie besonders vor.  Energetisierend zum Beispiel, vielleicht auch etwas feierlich. Schließlich ist das der Moment, indem die eigene Idee zu einem echten Business wird – für Freunde, Familie und natürlich alle anderen Menschen da draußen! Das war auch die Vorstellung von Hubs und Phil damals. Aber dann: von knallenden Korken und einer rauschenden Party bis in den Morgengrauen keine Spur. Wie es sich genau angefühlt hat, beschreiben sie in etwa so:

Es war tatsächlich eine lange Nacht, aber statt zu feiern wollten wir nur noch ins Bett: Es war 4.03 Uhr, als Hubertus dann endlich den Knopf drückte. Ganz leise: klick. Zu dritt standen wir vor dem Rechner, ich hörte meinen eigenen Puls in den Schläfen klopfen. Da war es also online, unser Baby. Ein Wunschkind. Wie lange hatten wir darüber nachgedacht, uns den Kopf über den passenden Namen zerbrochen, uns vorgestellt, wie es aussehen, wie rund und schwer es werden könnte – vor allem aber: wer außer uns selbst sich noch darüber freuen würde. Irgendjemand da draußen? War da wer?

MYMUESLI: ENDLICH ONLINE

Es fühlte sich so an, als seien wir alleine auf diesem Planeten. Um dennoch so etwas wie einen denkwürdigen Augenblick herbeizuzwingen, stießen wir mit Billigsekt an, halbtrocken, handwarm. Stilecht in IKEA-Saftgläsern. Niemand von uns hatte wirklich Lust darauf, aber ein Freund von uns war extra in unsere spärlich eingerichtete Passauer Studenten-WG gekommen, um den Moment zu filmen.

Wenn man die Aufnahmen heute sieht, kann man unsere Gesichter kaum vor der weißen Wand erkennen: Denn vor diesem seltsamen Augenblick um 4.03 Uhr hatten wir drei Nächte lang nicht wirklich das gemacht, was man schlafen nennen könnte. Wie drei Zombies sahen wir aus, blass, müde und rot um die Augen. […]

Eigentlich war alles entspannt angelaufen: Gut eine Woche vor unserem Kick-off hatte Hubertus die Website endlich so weit, dass sie gut aussah und stabil lief:

»Hallo, wir machen Müsli. Stell Dir Dein Müsli selbst zusammen. Wir liefern es Dir nach Hause.«

So schlicht stand auf unserer Seite, was wir in monatelanger Kleinarbeit ausgedacht und jetzt auf die Straße gebracht hatten. Das sah schön aus. Doch ob die Idee von mymuesli funktionieren würde? Das wussten wir ganz und gar nicht. Und ob wir drei Studenten als Lebensmittelhersteller taugen würden, daran hatten wir sogar Zweifel, die wir vorsichtshalber gleich mit auf die Seite setzten:

»Wir wissen einfach nicht, was uns erwartet, und müssen sicherlich noch einige Abläufe optimieren. Das eine oder andere wird auch schiefgehen, deshalb hoffen wir in den ersten Wochen auf eure Unterstützung und euer Verständnis, falls es mal einen Tag länger dauert oder sich die Website komisch verhält. Wir sind für Feedback jeder Art dankbar. Was funktioniert nicht? Was könnten wir besser machen? Sagt es uns!«

72 Stunden vor unserem Kick-off fiel Hubertus auf, dass unser Preissystem nicht wirtschaftlich funktionierte: Kunden konnten die Dose voller teurer Zutaten füllen, aber am Ende blieb der Preis gleich. Wir hätten also mit jeder Dose Verlust machen können, mussten alles umwerfen und neu machen.

Warum wir uns nicht einfach mehr Zeit genommen hatten, um alles neu auszurechnen und zu programmieren? Gegenüber Freunden und Familie, besonders aber in der damals schon nicht mehr so kleinen Bloggerszene, hatten wir ordentlich Wind für unsere Müsliidee gemacht. Jetzt mussten wir auch liefern.

Damals schrieben wir selbst noch ein privates Blog, die »Rundschreiben für Ästhetik und Konsumgütervielfalt«. Als wäre das nicht schon bescheuert genug, trugen wir dazu Cord-Jacketts. Mit unserem Blog im Netz und den Sakkos im Koffer wollten wir zur re:publica 2007. Der Name dieser Konferenz ist heute Synonym für eine Fast-Vollversammlung der digitalen Gesellschaft in Berlin. Damals, in ihrem ersten Jahr, war das alles noch ein überschaubares Klassentreffen derjenigen, die wie wir ungern auf Klassentreffen gehen: weil es da meistens kein WLAN gibt. […]

Wir hatten uns also in Berlin rege vernetzt, von unserer Idee erzählt, unseren Starttermin verkündet und zu Hause haben wir die Sache dann noch einmal in unserem eigenen Blog bekräftigt:

Blogger wie wir – so unsere Fantasie – würden ab der ersten Minute beobachten, was wir tun. Würden darüber dann in ihren eigenen Blogs schreiben. Und das würden Printjournalisten lesen, die in diesem langweiligen Jahr 2007 ebenfalls über uns schreiben würden, dann kämen Radio und Fernsehen, wo wir in Talkshows über Müsli diskutieren würden. Eine völlig größenwahnsinnige Fantasie, klar. Doch damit stand fest: Starttermin unbedingt einhalten. Schlafen? Verboten bis zum Launch. Tatsächlich kam das mit den Bloggern und den Journalisten später exakt so, nur zu Talkshows hat uns damals keiner eingeladen – aber der Reihe nach.

Als wir abends die Berliner Torstraße entlangliefen, wo heute unzählige Startups sitzen, Deals gemacht und Businesspläne geschmiedet werden, da konnten wir noch nicht ahnen, was in den nächsten Jahren aus unserem Müsliprojekt werden würde. Zum Glück wussten wir in diesem Moment auch nicht, welche enormen Schwierigkeiten so ein Startup-Baby noch machen würde. Wie glückliche Eltern in spe saßen wir, Bier trinkend, auf einer Parkbank und fantasierten in den Sonnenuntergang. Besonders von den vielen schlaflosen Nächten ahnten wir damals noch nichts: Wir hätten den Knopf sonst vielleicht nicht gedrückt.

Textauszug aus „Machen! Das Startup-Buch der mymuesli-Gründer“, von Hubertus Bessau, Philipp Kraiss und Max Wittrock veröffentlicht im Edel Verlag.